Wettlauf um die Lebensversicherung im Erbfall

Eine Lebensversicherung soll finanziellen Schutz für Angehörige und im Alter garantieren. Wird jedoch beim Abschluss der Versicherung nicht aufpasst, dann können böse Überraschungen auf die Erben warten. Was zu beachten ist, soll im Folgenden erläutert werden.

 

Was passiert im Erbfall?

 

Wenn der Erblasser einen Bezugsberechtigten (Begünstigten) benannt hat, dann erwirbt dieser bei Ableben des Versicherungsnehmers den Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme. Oftmals werden die Erben auch als Begünstigte der Lebensversicherung eingetragen. Wurde jedoch ein Nichterbe als Begünstigter angegeben, stellt sich im Erbfall die Frage, wer Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme hat.

 

Hierbei ist zu beachten, dass die Versicherungsleistung nicht automatisch in den Nachlass fällt und den Erben zusteht. Da die Versicherungssumme erst nach dem Tod des Versicherungsnehmers fällig wird,  gelangt es nicht mehr in dessen Vermögen und somit direkt in das Vermögen des Bezugsberechtigten. Dies gilt auch, wenn „die Erben“ als Bezugsberechtigte aufgeführt sind. Dann erhalten die Erben die Versicherungssumme nicht als Erbschaft, sondern als Bezugsberechtigte. Folglich kann sogar frei über die Versicherungsleistung verfügt werden, falls der Nachlass überschuldet ist und nur das Geld aus der Lebensversicherung vorhanden ist. In diesem Fall ist es wichtig, dass die Erbschaft auszuschlagen wird und das Geld aus der Lebensversicherung von den Bezugsberechtigten gefordert wird.

 

Konflikte sind vorprogrammiert

 

Konflikte treten häufig auf, wenn Bezugsberechtigte und Erben nicht identisch sind. Erben sind in solchen Situationen jedoch nicht rechtlos gestellt. Unter Umständen kann eine Auszahlung der Versicherungsleistung noch verhindert werden. Grund hierfür ist, dass die Versicherungsleistung rechtlich wie eine Schenkung behandelt wird. Gemäß § 518 Abs. 1 BGB ist ein Schenkungsversprechen nur in notariell beurkundeter Form rechtswirksam. Da Lebensversicherungen in aller Regel nicht notariell beurkundet werden, sind die Schenkungsversprechen erst wirksam, wenn der Betrag überwiesen wurde. Bis dahin können Erben die Schenkung widerrufen, wodurch die Lebensversicherung in den Nachlass fällt. Nach einer Auszahlung an den Bezugsberechtigten, haben die Erben oftmals keine Möglichkeit mehr, die Versicherungsleistung zu beanspruchen. Daher muss nach dem Ableben des Erblassers sehr schnell gehandelt werden, um die Rechtzeitigkeit des Zugangs des Schenkungswiderrufes beim Bezugsberechtigten zu gewährleisten.

 

Achtung bei der Formulierung!

 

Ist etwa die Ehefrau namentlich als Bezugsberechtigte eingesetzt, ist diese nach einer eventuellen Scheidung im Zweifel immer noch bezugsberechtigt. Somit muss bei einer Scheidung oder Trennung bedacht werden, ob die Bezugsberechtigung noch aufrechterhalten bleiben soll. Im Zweifel sollte „der Ehepartner“ bezugsberechtigt sein, so dass bei einer Scheidung die Berechtigung erlischt. Sind lediglich die „Kinder“ als bezugsberechtigt bedacht, so umfasst dies auch alle nichtehelichen Kinder. Es sollte daher beim Abschluss der Versicherung auf die richtige Formulierung geachtet werden. Eine falsche oder unbedachte Formulierung, kann die Bezugsberechtigung der gewünschten Berechtigten gefährden.

 

Ist eine Berechtigung widerruflich?

 

Schließlich sollte noch erwähnt werden, dass es zwei verschiedene Arten von Bezugsberechtigungen gibt – das widerrufliche und das unwiderrufliche Bezugsrecht. So kann der Versicherungsnehmer bei einem widerruflichen Bezugsrecht jederzeit und beliebig oft den Bezugsberechtigten ändern. Das Bezugsrecht geht hierbei auf den Versicherungsnehmer und dessen Erben zurück, falls der Begünstigte vor Eintritt des Versicherungsfalles versterben sollte. Demgegenüber steht das unwiderrufliche Bezugsrecht. Hier muss der Bezugsberechtigte einer Änderung zustimmen. Verstirbt der Begünstigte einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung, so geht der Anspruch auf dessen Erben über.

Schenkungen an die Erben: Vorweggenommene Erbfolge

Von „vorweggenommener Erbfolge“ sprechen Juristen, wenn eine Person einen Teil ihres Eigentums noch zu Lebzeiten an Familienmitglieder verschenkt, die das Vermögen im Erbfall ohnehin erhalten würden.

Mit Schenkungen bis zum Wert des steuerlichen Freibetrages lassen sich im besten Fall sogar relativ hohe Vermögenswerte steuerfrei übertragen, denn eine (beschenkte) Person kann beispielsweise alle zehn Jahre den ihr zustehenden (Schenkungssteuer-)Freibetrag erneut nutzen; aber eben nur einmal erben. Dieser Freibetrag beträgt derzeit – bei Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer in identischer Höhe – für Ehegatten 500.000,00 €, für Kinder jeweils 400.00,00 €, für Enkelkinder grundsätzlich noch 200.000,00 € und für den Freund oder die Freundin sogar nur noch 20.000,00 €.

Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge lässt sich jedoch nicht nur eine Reduzierung der Steuerlast erreichen, sondern auch die Erhaltung des Familienvermögens, die Versorgung des Schenkers und seiner Familie sowie die Minderung von Pflichtteilsansprüchen.

Wirtschaftliche Einheiten, wie zum Beispiel Immobilien und Grundbesitz oder Unternehmen, Gesellschaften, Betrieb, Firmen, etc. werden bei Streit unter den Miterben nicht selten zerschlagen, um alle (pflichtteilsberechtigten) Erben finanziell abzufinden („auszuzahlen“). Eine gut strukturierte lebzeitige Übertragung auf die nächste Generation kann nicht nur eine Zersplitterung von Vermögenswerten verhindern, sondern insbesondere Streit unter den Angehörigen über die Verteilung des Nachlasses vorbeugen.

Ein weiterer guter Grund für die Übertragung von Vermögen ist, dass der Schenker „im Gegenzug“ beispielsweise von seinen Kindern für sich und etwaig seinen Ehe- oder Lebenspartner Leistungen für die Versorgung im Krankheits- und Pflegefall einfordern und noch zu Lebzeiten beider Elternteile vertraglich absichern kann. Bei einer Pflegeverpflichtung, die der Beschenkte übernimmt, sollte man den Umfang und Inhalt der geschuldeten Pflegeleistung so präzise wie möglich festlegen; hier hilft eine anwaltliche oder notarielle Beratung.

Des Weiteren sind gerade Grund- und Immobilienbesitz sowie der Besitz von Betrieben und Unternehmen dadurch gekennzeichnet, dass diese zwar oft einen relativ hohen wirtschaftlichen (Verkehrs-)Wert haben, im Erbfall aus ihnen aber nur sehr schwer liquide Mittel zur Begleichung etwaiger Erb- oder Pflichtteilsansprüche von Familienmitgliedern erzielt werden können. Ziel einer vorweggenommenen Erbfolge sollte es demgemäß auch sein, beispielsweise gemäß § 2346 BGB vertragliche Regelungen zum Ausschluss oder zur Reduzierung etwaiger Erb- oder Pflichtteilsansprüche zu treffen. Der Verkauf einer oft seit mehreren Jahrzehnten bewohnten „Familienimmobilie“, nur um Erb- oder Pflichtteils-ansprüche zu erfüllen, kann so vermieden werden.

Zur etwaig gewünschten Absicherung des Schenkers empfiehlt es sich des Weiteren, einen Nießbrauchs- oder Wohnrechtsvorbehalt, Verfügungsbeschränkungen, eine Pflichtteils-anrechnungsklausel gemäß § 2315 BGB, eine Rückfallklausel, Ausgleichspflichten zwischen

beschenkten und nicht beschenkten Kindern sowie etwaige Rentenzahlungen der Beschenkten an den Schenker vertraglich zu Lebzeiten zu regeln. Da diese Regelungen erhebliche rechtliche und tatsächliche Auswirkungen haben, sollten Sie sich deshalb deren rechtliche und tatsächliche Konsequenzen ausführlich von einem Rechtsanwalt oder Notar darlegen lassen.

Gerade bei der Zuwendung einer Immobilie kann es sich empfehlen, dass der Schenker sich ein lebenslanges Wohn- bzw. Nutzungsrecht vorbehält. Dabei wird der Beschenkte zwar Eigentümer, kann aber die Immobilie selbst nicht bewohnen oder vermieten. Etwaige Mieteinnahmen stehen gemäß § 1030 BGB alleine dem sog. Nießbrauchsberechtigten, dem Schenker, zu; dieser kann die Immobilie selbst bewohnen oder eben auch vermieten. Wer die gewöhnlichen Unterhaltungskosten (insbesondere Modernisierungs-, Reparatur-, Heiz- und Betriebskosten) der Immobilie trägt, kann in dem zugrundeliegenden notariellen Vertrag vereinbart werden. Alternativ zum sog. Nießbrauchsrecht kann auch – nur – ein Wohnrecht des Schenkers vereinbart und im Grundbuch eingetragen werden; der Wohnrechtsinhaber/Schenker kann die Immobilie dann (lebenslang) bewohnen, aber nur mit Zustimmung des Beschenkten vermieten.

Will der Schenker des Weiteren verhindern, dass der Beschenkte über die Zuwendung frei verfügen kann – der Beschenkte beispielsweise die „Familienimmobilie“ oder das Familien-unternehmen doch verkaufen will – müssen entsprechende Beschränkungen in den Schenkungsvertrag aufgenommen und durch eine Rückfallklausel abgesichert werden. Darüber hinaus kann durch eine derartige Rückfallklausel auch erreicht werden, dass im Fall des Vorversterbens des Beschenkten ohne Hinterlassung eigener Abkömmlinge die Immobilie an den Schenker zurückfällt.

Ist der Beschenkte gegenüber dem Schenker gemäß § 2303 BGB pflichtteilsberechtigt, so könnte – und sollte – im Schenkungsvertrag festgelegt werden, dass die Schenkung an den Pflichtteilsberechtigten auf dessen Pflichtteilsanspruch oder Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß §§ 2315, 2327 BGB anzurechnen ist.

Weiterhin sollte bei Schenkungen an nur eines von mehreren Kindern im Schenkungsvertrag klargestellt werden, ob die betreffende Schenkung gegenüber den weiteren (nichtbeschenkten) Geschwistern gemäß § 2050 BGB vom Beschenkten auszugleichen ist oder nicht.

Letztlich gibt es für den Fall, dass der Verschenkende finanzielle Mittel benötigt, um seinen Lebensunterhalt zu sichern oder zu verbessern, die vertragliche Regelungsmöglichkeit, mit dem künftigen Eigentümer (dem Beschenkten) eine von diesem an den Verschenkenden zu zahlende Rente zu vereinbaren, wobei hier die Vertragsparteien (Schenker und Beschenkter) über Höhe und Laufzeit der monatlichen Zahlungen frei entscheiden können.

Erbschaftssteuerrecht – Erwerb des Familienheims von Todes wegen –

Geht ein Familienheim von Todes wegen über, ist dieser Erwerb unter bestimmten Voraussetzungen für Ehegatten und Kinder als Erwerber steuerbefreit. Dabei muss der Erblasser bis zu seinem Tod auf einem bebauten Grundstück eine Wohnung oder ein Haus zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben. Unschädlich ist dabei, wenn der Erblasser aus objektiv zwingenden Gründen daran gehindert war, das Haus selbst zu nutzen.

Der Erwerber muss allerdings mit der Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken unverzüglich nach dem Tod beginnen. Dies erfordert, dass er in die Wohnung einzieht und sie als Familienheim für eigene Wohnzwecke nutzt. Dabei genügt auch, wenn er, z. B. als Berufspendler, mehrere Wohnsitze hat, das Familienheim aber seinen Lebensmittelpunkt bildet.

Nutzt der Erwerber das erworbene Familienheim nicht über einen Zeitraum von zehn Jahren zu eigenen Wohnzwecken, fällt jedoch die Steuerbefreiung weg. In diesem Fall kommt es zu einer Nachversteuerung. Gründe für den Wegfall sind etwa der Verkauf des Familienheims, dessen Vermietung, ein längerer Leerstand oder eine unentgeltliche Überlassung an andere Personen. Für Kinder als Erwerber eines Familienheims von Todes wegen hat der Gesetzgeber eine Begrenzung der Wohnfläche vorgesehen, die Wohnfläche der Wohnung darf 200 qm nicht übersteigen. Für Ehegatten gilt diese Einschränkung nicht.

Probleme der Testierunfähigkeit

In der Praxis des Notariats stellt sich häufig die Frage, ob derjenige, welcher ein Testament errichten möchte, testierfähig ist. Testierfähigkeit nennt man die Fähigkeit, ein Testament wirksam zu errichten, abzuändern oder aufzuheben. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn der Testierende das 16. Lebensjahr vollendet hat, § 2229 Abs. 1 BGB. (mehr …)