Wettlauf um die Lebensversicherung im Erbfall

Eine Lebensversicherung soll finanziellen Schutz für Angehörige und im Alter garantieren. Wird jedoch beim Abschluss der Versicherung nicht aufpasst, dann können böse Überraschungen auf die Erben warten. Was zu beachten ist, soll im Folgenden erläutert werden.

 

Was passiert im Erbfall?

 

Wenn der Erblasser einen Bezugsberechtigten (Begünstigten) benannt hat, dann erwirbt dieser bei Ableben des Versicherungsnehmers den Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme. Oftmals werden die Erben auch als Begünstigte der Lebensversicherung eingetragen. Wurde jedoch ein Nichterbe als Begünstigter angegeben, stellt sich im Erbfall die Frage, wer Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme hat.

 

Hierbei ist zu beachten, dass die Versicherungsleistung nicht automatisch in den Nachlass fällt und den Erben zusteht. Da die Versicherungssumme erst nach dem Tod des Versicherungsnehmers fällig wird,  gelangt es nicht mehr in dessen Vermögen und somit direkt in das Vermögen des Bezugsberechtigten. Dies gilt auch, wenn „die Erben“ als Bezugsberechtigte aufgeführt sind. Dann erhalten die Erben die Versicherungssumme nicht als Erbschaft, sondern als Bezugsberechtigte. Folglich kann sogar frei über die Versicherungsleistung verfügt werden, falls der Nachlass überschuldet ist und nur das Geld aus der Lebensversicherung vorhanden ist. In diesem Fall ist es wichtig, dass die Erbschaft auszuschlagen wird und das Geld aus der Lebensversicherung von den Bezugsberechtigten gefordert wird.

 

Konflikte sind vorprogrammiert

 

Konflikte treten häufig auf, wenn Bezugsberechtigte und Erben nicht identisch sind. Erben sind in solchen Situationen jedoch nicht rechtlos gestellt. Unter Umständen kann eine Auszahlung der Versicherungsleistung noch verhindert werden. Grund hierfür ist, dass die Versicherungsleistung rechtlich wie eine Schenkung behandelt wird. Gemäß § 518 Abs. 1 BGB ist ein Schenkungsversprechen nur in notariell beurkundeter Form rechtswirksam. Da Lebensversicherungen in aller Regel nicht notariell beurkundet werden, sind die Schenkungsversprechen erst wirksam, wenn der Betrag überwiesen wurde. Bis dahin können Erben die Schenkung widerrufen, wodurch die Lebensversicherung in den Nachlass fällt. Nach einer Auszahlung an den Bezugsberechtigten, haben die Erben oftmals keine Möglichkeit mehr, die Versicherungsleistung zu beanspruchen. Daher muss nach dem Ableben des Erblassers sehr schnell gehandelt werden, um die Rechtzeitigkeit des Zugangs des Schenkungswiderrufes beim Bezugsberechtigten zu gewährleisten.

 

Achtung bei der Formulierung!

 

Ist etwa die Ehefrau namentlich als Bezugsberechtigte eingesetzt, ist diese nach einer eventuellen Scheidung im Zweifel immer noch bezugsberechtigt. Somit muss bei einer Scheidung oder Trennung bedacht werden, ob die Bezugsberechtigung noch aufrechterhalten bleiben soll. Im Zweifel sollte „der Ehepartner“ bezugsberechtigt sein, so dass bei einer Scheidung die Berechtigung erlischt. Sind lediglich die „Kinder“ als bezugsberechtigt bedacht, so umfasst dies auch alle nichtehelichen Kinder. Es sollte daher beim Abschluss der Versicherung auf die richtige Formulierung geachtet werden. Eine falsche oder unbedachte Formulierung, kann die Bezugsberechtigung der gewünschten Berechtigten gefährden.

 

Ist eine Berechtigung widerruflich?

 

Schließlich sollte noch erwähnt werden, dass es zwei verschiedene Arten von Bezugsberechtigungen gibt – das widerrufliche und das unwiderrufliche Bezugsrecht. So kann der Versicherungsnehmer bei einem widerruflichen Bezugsrecht jederzeit und beliebig oft den Bezugsberechtigten ändern. Das Bezugsrecht geht hierbei auf den Versicherungsnehmer und dessen Erben zurück, falls der Begünstigte vor Eintritt des Versicherungsfalles versterben sollte. Demgegenüber steht das unwiderrufliche Bezugsrecht. Hier muss der Bezugsberechtigte einer Änderung zustimmen. Verstirbt der Begünstigte einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung, so geht der Anspruch auf dessen Erben über.

Erbrechtsirrtum Nr. 10: Erben müssen die Vorgaben des Testamentes genau einhalten

Nicht unbedingt. Sofern sich die Erben einig sind, können sie sich auch einvernehmlich über die Anordnungen des Erblassers hinwegsetzen.

Ein Beispiel: Ein Ehepaar kommt bei einem Autounfall ums Leben. Den beiden volljährigen Söhnen hinterlassen Vater und Mutter ein Einfamilienhaus in bester Lage. Das Testament enthält die folgende Passage: „Unser Immobilienvermögen darf nach unserem Tod für die Dauer von fünf Jahren nicht auseinandergesetzt werden.“

Dies bedeutet, dass die beiden Söhne das Haus zwar verkaufen dürfen, jedoch für mindestens fünf Jahre nicht über den Verkaufserlös verfügen könnten.

Solche Verbote können sich allerdings als extrem ungünstig erweisen, wenn einer der Erben dringend Geld benötigt, etwa um die anfallende Erbschaftssteuer zu begleichen. Diese fällt in der Regel binnen eines Jahres an und kann, gerade wenn es um Immobilien geht, schnell fünfstellige Summen erreichen.

Wenn sich die beiden Söhne nun darauf verständigen, entgegen des erklärten letzten Willens ihrer Eltern das Haus postwendend zu verkaufen, ist deren testamentarische Anordnung faktisch hinfällig.

In der Praxis lassen sich diese Probleme am besten durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung durch einen – externen Testamentsvollstrecker vermeiden.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der Erblasser es testamentarisch sanktioniert, wenn seine im Testament dargelegten Wünsche und Anordnungen von den Erben missachtet werden. Im Extremfall kann er einen Verstoß gegen die testamentarischen Bestimmungen sogar mit dem Verlust des gesamten Erbrechts ahnden; auch hier ist anwaltliche oder notarielle Beratung bei der Formulierung derartiger testamentarischer Anordnungen dringend zu empfehlen.

Erbrechtsirrtum Nr. 9: Wer unter Betreuung steht, kann sein Testament nicht mehr ändern

Allein die Tatsache, dass eine Person unter Betreuung steht, hindert sie grundsätzlich nicht daran, ein wirksames Testament zu errichten.

Sie braucht dafür auch nicht die Einwilligung ihres Betreuers.

Nur wenn dem Betreuten die notwendige Einsichtsfähigkeit fehlt und er die Tragweite seiner Entscheidung nicht mehr einschätzen kann, darf er kein neues Testament mehr erstellen. Das Problem ist in diesem Zusammenhang jedoch häufig, dass sich erst nach dem Tode des Erblassers herausstellt, dass dieser noch sehr – kurz vor seinem Ableben ein neues Testament aufgesetzt hat, und statt seine Kinder und Enkel zu bedenken, das gesamte Vermögen seinem Betreuer, dem Tierheim oder einem sonstigen Dritten übertragen hat. In diesem Fall lässt sich meist nicht mehr nachweisen, ob der Erblasser zu diesem Zeitpunkt noch die nötige Einsichtsfähigkeit besaß.

Um böse Überraschungen zu vermeiden und um den Betreuten vor dem Einfluss möglicher „Erbschleicher“ zu schützen, gibt es nur eine Möglichkeit. Wer Zweifel an der Testierfähigkeit eines Angehörigen hat, sollte sich darum bemühen, bereits zu dessen Lebzeiten das Gutachten eines Facharztes einzuholen. Nur damit lässt sich im Ernstfall ein kurz vor dem Tod errichtetes, möglicherweise sehr überraschendes Testament für hinfällig erklären. Die Erstellung eines solchen Gutachtens ist allerdings nur mit Zustimmung des Betreuten möglich.

Erbrechtsirrtum Nr. 8: Ein Testament lässt sich jederzeit widerrufen

Diese Rechtsauffassung ist nicht völlig falsch ‑ aber auch nicht völlig richtig.

 

Sie trifft zu, soweit es um ein einfaches Testament geht, in dem der Erblasser nur seinen eigenen letzten Willen artikuliert.

 

Hat hingegen ein Ehepaar ein gemeinsames Testament aufgesetzt, ist der Widerruf grundsätzlich nur zusammen mit dem anderen Partner möglich.

 

Derjenige, der sich von den getroffenen Regelungen lossagen will, kann dies auch durch Zustellung einer notariell beurkundeten Erklärung an den Partner tun.

 

Bei einer Scheidung entfällt die Wirkung eines gemeinschaftlichen Testaments in der Regel allerdings automatisch.

 

Schwieriger wird es, wenn einer der Partner stirbt. In diesem Fall ist der Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments mitunter vollumfänglich ausgeschlossen. Beim beliebten „Berliner Testament“ ist dies sogar die Regel. In einem solchen Testament setzen sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Kinder zu sogenannten Schlusserben ein. Sie erben also erst dann, wenn beide Eltern tot sind. Sobald einer der Eheleute stirbt, ist der überlebende Partner unwiderruflich an diese Regelung gebunden und kann seinen letzten Willen nicht mehr zugunsten des neuen Partners ändern.

 

Bei sehr jungen Paaren ohne nennenswertes Vermögen, kann sich eine solche Klausel als ungünstig erweisen. Bei sehr gut situierten Eheleuten hingegen ist es durchaus sinnvoll, den Nachlass für die Schlusserben, die Abkömmlinge, zu sichern (hier kann ein „Berliner Testament“ jedoch in erbschaftssteuerlicher Hinsicht sehr nachteilig sein, wenn die jeweiligen Erbschaftssteuerfreibeträge überschritten werden).

 

Es empfiehlt sich daher, die Inhalte eines gemeinsamen Testaments in regelmäßigen Abständen anwaltlich oder notariell zu überprüfen und, wenn nötig, an die veränderten Vermögensverhältnisse anzupassen.

 

Um die bereits bestehende Bindungswirkung eines gemeinsamen Testaments doch noch zu beseitigen, muss der überlebende Partner entweder die Erbschaft ausschlagen oder das Testament anfechten. Dafür allerdings muss es einen triftigen Grund geben, wie etwa eine Wiederheirat. Zudem enthalten viele „Berliner Testamente“ einen Ausschluss des Anfechtungsrechts des überlebenden Partners, um gerade diese Konstellation zu vermeiden.

Erbrechtsirrtum Nr. 7: Jeder Erbe braucht einen Erbschein

Banken, Versicherungen oder das Grundbuchamt dürfen das Eigentum des Verstorbenen nur dann auf den Erben umschreiben, wenn dieser sich eindeutig als legitimer Rechtsnachfolger des Toten ausweisen kann. Dazu muss er eine Urkunde vorlegen, die sein Erbrecht klar dokumentiert.

Anders als weithin angenommen muss es sich dabei allerdings nicht immer um einen Erbschein handeln.

Hat der Verstorbene ein notarielles Testament oder einen Erbvertrag erstellt, ist es vollkommen ausreichend, wenn der Erbe diese Dokumente zusammen mit dem Eröffnungsprotokoll dem Nachlassgericht vorlegt.

Doch auch wenn der Erblasser nur ein handschriftliches Testament hinterlassen hat, ist ein Erbschein nicht unbedingt erforderlich.

Hat der Verstorbene seinem Erben zu Lebzeiten bereits eine Vorsorgevollmacht erteilt, die auch über den Tod hinaus gültig ist, genügt diese, um sich als legitimer Berechtigter auszuweisen. Die Erteilung eines Erbscheins ist meist auch hier entbehrlich, zumindest, wenn sich keine Immobilien im Nachlass befinden.

Der Verzicht auf einen Erbschein ist besonders bei großen Vermögen von Vorteil. Denn je höher die vererbten Summen sind, desto teurer wird auch die Erteilung des Erbscheins.

Ein nach wie vor aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) entlastet die Erben von Bankkunden zusätzlich. Sie können nicht mehr gezwungen werden, dem Geldinstitut des Verstorbenen einen Erbschein vorzulegen. Wer seine Rechtsstellung durch einen Erbvertrag oder ein notarielles Testament nachweisen kann, muss nicht zusätzlich noch ein solches Dokument beibringen. Der BGH erklärte damit eine Vorschrift in den Geschäftsbedingungen einer Sparkasse für unwirksam, nach der diese es sich vorbehielt, jedenfalls auf die Vorlage eines Erbscheins zu bestehen.

Dennoch gibt es auch weiterhin Fälle, in denen ein Erbschein erforderlich ist. Wer ein solches Dokument benötigt, hat jede Menge Verwaltungsarbeit zu bewältigen und kann nicht einfach einen formlosen Antrag beim Nachlassgericht stellen. Statt dessen muss der Erbe jede Menge Informationen liefern, muss angeben, wann der Erbfall eingetreten ist, ob er kraft Gesetzes oder aufgrund eines Testamentes erbt, ob und welche Testamente oder sonstige letztwillige Verfügungen vom Erblasser erstellt wurden, ob es weitere Personen mit eigenen Rechten gibt und ob ein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig ist; diese Tatsachen muss er mit den passenden Unterlagen beweisen, indem er etwa Stammbücher, Geburtsurkunden, Testamente vorlegt. Auch hier ist anwaltliche oder notarielle Hilfe oft erforderlich und geboten.

Erbrechtsirrtum Nr. 6: Jeder kann bestimmen, wen er zum Erben einsetzt (Tiere als Erben)

Das stimmt nur zum Teil. Zwar gilt in Deutschland der Grundsatz der Testierfreiheit, nach dem jeder über sein Eigentum verfügen darf, wie er es möchte.

Gewisse Einschränkungen gelten aber dennoch.

Die wahrscheinlich Wichtigste ist, dass Erben nur Menschen oder juristische Personen, also Vereine, Gesellschaften oder Stiftungen sein können. Tiere hingegen lassen sich – auch wenn dies der erklärte Wille des Erblassers war – nicht wirksam zum Erben einsetzen.

Wer sein geliebtes Haustier dennoch absichern will, muss daher andere Wege beschreiten. Viele Menschen sorgen für ihre Haustiere vor, indem sie in ihrem Testament einen anderen Menschen oder eine juristische Person benennen, die das hinterlassene Vermögen (auch) für die Versorgung des Tieres verwenden muss – notfalls auch unter Überwachung eines Testamentsvollstreckers. Denkbar ist es zudem, einen anderen Menschen zum Erben einzusetzen, ihn aber zugleich zu verpflichten, zeitlebens den Lebensstandard des Haustieres zu sichern.

Erbrechtsirrtum Nr. 5: Notarielle Urkunden gelten „mehr“ als handgeschriebene Testamente

Diese Annahme ist falsch. Theoretisch lässt sich auch ein seitenlanges notarielles Dokument durch eine kurze Notiz auf einem Bierdeckel außer Kraft setzen. Denn der Gesetzgeber hat den Bürgern bewusst verschiedene Möglichkeiten eingeräumt, ihren letzten Willen festzuhalten. In ihrer rechtlichen Wirkung stehen sich notarielles und handschriftliches Testament daher grundsätzlich in nichts nach. Existieren mehrere Urkunden, hat das jüngere Testament Vorrang gegenüber dem älteren Schriftstück; tauchen nach dem Tod des Erblassers unterschiedliche Versionen des letzten Willens auf, ist immer das Dokument maßgeblich, das als letztes erstellt wurde.

Voraussetzung ist allerdings, dass das handschriftliche Papier die strengen Formvorschriften des Gesetzes erfüllt. Und gerade hier liegt oft die Schwierigkeit.

Noch immer ist es ein weitverbreiteter Irrglaube, ein so wichtiges Dokument wie das Testament müsse offiziell aussehen und deshalb ordentlich formatiert werden. Doch nur wenn die gesamte Urkunde eigenhändig niedergeschrieben wurde, ist das Testament wirksam. Wer seinen letzten Willen formvollendet per Computer tippt und ausdruckt, hat folglich kein gültiges Testament erstellt – selbst wenn er das Dokument am Ende unterschreibt.

Besteht das Testament aus mehreren Blättern, sollte der Verfasser jedes einzelne nummerieren, mit dem aktuellen Datum versehen und mit seinem vollen Namen unterschreiben. Der Begriff der Unterschrift ist dabei wörtlich zu nehmen; eine Signatur in der Kopfzeile ist nicht ausreichend.

Um des Weiteren zu verhindern, dass bösgläubige Abkömmlinge oder übergangene Verwandte ein für sie unvorteilhaftes Testament im Ernstfall manipulieren oder gar verschwinden lassen, empfiehlt es sich zudem, das Dokument bei einem Notar oder Gericht in Verwahrung zu geben.

Ein weiterer Vorteil dieses Verfahrens ist, dass Testamente dadurch automatisch in das „Zentrale Testamentsregister“ (ZTR) der Bundesnotarkammer aufgenommen werden. Immer, wenn jemand stirbt, wird dieses Register von Amts wegen auf vorhandene Testamente oder Erbverträge geprüft. Die Bundesnotarkammer informiert daraufhin das zuständige Nachlassgericht, ob und wenn ja, welche Verfügungen vom Verstorbenen getroffen wurden. Dadurch ist sichergestellt, dass der letzte Wille wirklich beachtet wird. Zudem lassen sich Nachlassverfahren dadurch schneller und kostengünstiger durchführen.

Erbrechtsirrtum Nr. 4: Wer vor seinem Tod alles verschenkt, verhindert Streit ums Erbe.

Der alte Grundsatz, man solle besser zu Lebzeiten geben, statt sein gesamtes Vermögen erst nach dem Tod den Erben zufließen zu lassen, hat auch heute noch seine Berechtigung. Wer früh damit beginnt, sein Hab und Gut auf seine Erben zu übertragen, mindert nicht nur die Steuerlast potenzieller Erben. Er kann durch solche Geschenke – sogenannte „lebzeitige Verfügungen“ – auch unliebsame Erbberechtigte/Pflichtteilsberechtigte „ausbremsen“. Denn alles, was dem Erblasser bei dessen Tod nicht mehr gehört, schmälert dessen Vermögen und damit auch die Ansprüche der Pflichtteilsberechtigten.

Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass der „Plan“ der Entreicherung nur aufgeht, wenn zwischen den lebzeitigen Verfügungen und dem Tod des Schenkenden mindestens zehn Jahre liegen.

Hat der Erblasser hingegen erst kurz vor seinem Ableben zum Beispiel ein Grundstück übertragen, greifen die Regelungen zum Schutz der Pflichtteilsberechtigten. Damit ihnen nicht ihre „angemessene Beteiligung am Nachlass“ verlorengeht, gewährt das Gesetz den nächsten Angehörigen einen sogenannten „Pflichtteilsergänzungsanspruch“. Das bedeutet: Alles, was der Erblasser in den zehn Jahren vor seinem Tod verschenkt, können die Pflichtteilsberechtigten – zumindest in Teilen – in Geld ersetzt verlangen.

Zu beachten ist dabei jedoch, dass sich die Ausgleichsansprüche immer mehr reduzieren, je länger die Schenkung zurückliegt. Überträgt etwa der Erblasser am Vorabend seines Todes ein wertvolles Grundstück auf seine Haushälterin, können die insoweit enterbten Kinder von der Haushälterin ihren vollen Pflichtteil in Geld ersetzt verlangen.

Anders liegen die Dinge, wenn die Schenkung länger zurückliegt. Um zu verhindern, dass ein Gegenstand, den der Erblasser beispielsweise neun Jahre, elf Monate und drei Wochen vor seinem Tod verschenkt, vollständig ersetzt werden muss, sinken die Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten im Jahresturnus – und zwar um zehn Prozent pro Jahr; nur eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall fließt daher voll in die Berechnung des Nachlasses ein, im zweiten Jahr kann der Pflichtteilsberechtigte nur noch 90 Prozent des Wertes verlangen, im dritten Jahr 80 Prozent und so weiter.

Um zu verhindern, dass es nach seinem Tod zum Streit kommt, kann der spätere Erblasser mit den Pflichtteilsberechtigten einen notariellen Vertrag schließen, in dem die Parteien vereinbaren, dass gegen Zahlung einer Abfindung auf das Pflichtteilsrecht verzichtet wird.

Erbrechtsirrtum Nr. 3: Auch einzelne Gegenstände lassen sich vererben.

Dieser Irrtum ist weit verbreitet – und kann in der Praxis zu erheblichen Komplikationen führen. Denn Erben bedeutet nach dem Willen des Gesetzgebers nicht nur, dass der Erblasser einigen ausgewählten Personen Teile seines Vermögens überträgt. Erben bedeutet vielmehr, dass der Erbe auch in rechtlicher Hinsicht in die Fußstapfen des Verstorbenen tritt. Der Erbe übernimmt also alle Rechte und Pflichten des Erblassers an dessen Eigentum – und nicht nur an diversen Einzelstücken.

Wer einem Freund oder Verwandten nur einen speziellen Gegenstand, zum Beispiel eine wertvolle Sammlung, zukommen lassen will, muss deshalb ein Vermächtnis zu dessen Gunsten anordnen. Gerade in Testamenten, die ohne fachkundige Unterstützung angefertigt wurden, wird das allerdings nicht immer klar formuliert – und der Streit ist vorprogrammiert.

Vielfach finden sich in diesen Testamenten Formulierungen, wonach beispielsweise ein Onkel das Porzellan, die Tochter den PKW und die Nichte eine Immobilie erben soll. Die übrigen Nachlassgegenstände bleiben unerwähnt. Dies hat schwerwiegende Folgen. Denn rechtlich ist völlig unklar, wer den Rest des Vermögens erben soll; es ergeben sich oft komplizierte Auseinandersetzungen. Je nachdem, ob die ausdrücklich Bedachten gleichzeitig die gesetzlichen Erben sind oder nicht, müssen die Vermächtnisse entweder aus der Erbmasse herausgerechnet werden oder aber der Wert der Vermächtnisse gegeneinander aufgerechnet werden. Das ist nicht nur langwierig und kostspielig – sondern auch ausgesprochen nervenaufreibend für alle Beteiligten.

Um derartige Komplikationen zu vermeiden, sollte das – im besten Fall unter anwaltlicher oder notarieller Beratung aufgesetzte – Testament daher genau zwischen Erben und Vermächtnisnehmern unterscheiden und beide ausdrücklich und mit vollem Namen benennen.

Erbrechtsirrtum Nr. 2: Niemand kann gegen seinen Willen fremde Schulden erben.

Grundsätzlich ist diese Annahme zwar richtig, in der Praxis passiert es aber immer wieder, dass Erben sich plötzlich mit einer Schar von Gläubigern herumschlagen müssen, die ihnen der Verstorbene „hinterlassen“ hat. Vielfach gehen die Betroffenen davon aus, dass sie die Annahme der Erbschaft ausdrücklich erklären müssten und ihnen insoweit nichts passieren kann, so lange sie sich ruhig verhalten. Zutreffend ist jedoch das Gegenteil.

Hinterbliebene, die einfach schweigen, nehmen damit die Erbschaft an.

Wer erfährt, dass er geerbt hat und die Erbschaft nicht antreten will, muss die Ausschlagung innerhalb von sechs Wochen ausdrücklich gegenüber einem Notar oder dem Nachlassgericht erklären. Lebte der Bedachte zum Zeitpunkt des Erbfalls im Ausland, hat der unwillige Erbe sechs Monate Zeit, um auf sein Erbrecht zu verzichten. Ist diese Frist verstrichen, nimmt der Betroffene automatisch die Stellung des Verstorbenen ein – und muss folglich auch für dessen Verpflichtungen einstehen.

Nun gilt es zu verhindern, dass die Schulden des Erblassers auch noch das eigene Vermögen aufzehren. Um das zu erreichen, stehen dem Erben mehrere Möglichkeiten offen.

Auch wenn die Gläubiger noch so nachdrücklich auf die Begleichung offener Rechnungen bestehen, muss der Erbe in den ersten drei Monaten nach dem Todesfall auf diese Forderungen nicht eingehen. Das Gesetz gewährt ihm eine Schonfrist von einem Vierteljahr, innerhalb derer er vor Ansprüchen der Gläubiger zunächst geschützt ist. Doch auch nach diesem Zeitraum hat der Erbe noch verschiedene Optionen, über die er seine persönliche Haftung begrenzen oder sogar ausschließen kann.

Reicht das Vermögen des Erblassers aus, um die bestehenden Schulden zu tilgen, kann der Erbe zum Beispiel beim Nachlassgericht beantragen, dass der Rechtspfleger eine Nachlassverwaltung anordnet. Damit verliert der Erbe zwar die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Verstorbenen. Zugleich begrenzt er aber auch seine Haftung auf die Höhe des Nachlasses und muss sich nicht mehr mit den Verbindlichkeiten des Erblassers herumschlagen. Darum kümmert sich nun der Nachlassverwalter. Er sorgt auch dafür, dass die Gläubiger zu ihrem Geld kommen. Sollte, wenn alle Schulden getilgt sind, noch Vermögen übrig sein, zahlt der Nachlassverwalter die verbleibende Summe an den Erben aus.

Übersteigen die Schulden den Wert des Nachlasses, muss der Erbe die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen. Nur auf diese Weise ist sichergestellt, dass er für die Verbindlichkeiten des Erblassers nicht mit seinem eigenen Vermögen einstehen muss. Diese Pflicht besteht nicht nur, wenn der Erbe von der Überschuldung weiß. Er muss bereits dann die Nachlassinsolvenz beantragen, wenn er die Überschuldung nur vermutet. Handelt er nicht, ist er den Gläubigern des Verstorbenen zum Schadensersatz verpflichtet und haftet womöglich mit seinem gesamten Vermögen für dessen Schulden.